Salt & Storm - Fuer ewige Zeiten by Kendall Kulper

Salt & Storm - Fuer ewige Zeiten by Kendall Kulper

Autor:Kendall Kulper
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Tags: Paranormal
ISBN: 9783733600419
Herausgeber: S. Fischer Verlag
veröffentlicht: 2014-08-06T22:00:00+00:00


16. Kapitel

Einen Fuß vor den anderen. Als ich die Hütte verließ, waren meine Muskeln so kalt und steif, als wäre mein Körper bereits in Todesstarre begriffen. Tane lehnte an der Hausmauer, gleich neben einem der Fenster, und als ich seinem Blick begegnete, wusste ich, dass er alles mitangehört hatte.

Meine Großmutter kann mir nicht helfen.

Ich werde nie eine Hexe sein.

Ich werde sterben.

Tane rührte sich nicht, sagte kein Wort, wartete darauf, dass ich das Schweigen brach. Als ich schließlich den Mund aufmachte, sagte ich das Erstbeste, was mir durch den Sinn schoss:

»Ich habe deine Laterne drin vergessen.«

Es war, als wäre ein Damm gebrochen. Mein Körper grollte von innen heraus wie ein aufplatzender Vulkanberg, ein Schluchzer zerriss mich, aber schon stürzte Tane auf mich zu, fing mich auf, legte mir seine Hand auf den Mund und raunte: »Schsch… nicht hier. Nicht hier, wo sie dich hören kann.«

Dann umschlag er mich mit den Armen, drückte mein Gesicht an seine Brust und trug mich von der Hütte weg Richtung Strand. Jeder zurückgehaltene Schluchzer stach mich wie ein Messer von innen, wollte an die Oberfläche brechen, aber Tane hatte recht: Meine Großmutter sollte mich nicht weinen hören.

Als wir ins Wasser eintauchten, traf mich die eisige Kälte wie ein Schlag. Und dann war ich auf einmal unter Wasser, unterhalb der Wellen, und endlich konnte ich befreit aufschreien. Das Wasser dämpfte meine Schreie und weichte sie auf, aber in meinem Kopf waren sie immer noch ohrenbetäubend. Meine Haut prickelte wegen der stechenden Kälte, aber die Luft kam mir noch kälter vor, und so tauchte ich tiefer, machte den Mund auf, um die Bitternis des Ozeans zu schmecken. Ich trank und trank, so viel in meinen Magen passte, und weder verschluckte ich mich noch wurde mir übel.

Ich weiß nicht, wie lange ich unter Wasser blieb, wie lange ich mich von den Wellen hin und her treiben ließ, als wäre ich nichts weiter als ein Büschel Seetang, das sich zwischen den Felsen verfangen hatte. Es muss sehr lange gewesen sein. Irgendwann drang ein Geräusch an mein Ohr – ein Ruf –, und plötzlich spürte ich Tanes Hand, und dann brach ich hustend und würgend an die Oberfläche des Meeres, das mich auf einmal von innen her zu verbrennen schien. Tane sagte etwas, aber ich verstand ihn nicht, dann packte er mich und zog mich sachte, sachte, aus dem Ozean heraus.

»Zeit zu gehen«, sagte er leise. Ich ließ mich von ihm wegbringen, ließ ihn mich aus den triefend nassen Kleidern schälen, sie auswringen und den Sand abklopfen. So hilflos, so hoffnungslos, wie ich war, tat es mir gut, dass Tane die Führung übernahm und mich bemutterte.

Als die aufsteigende Sonne den Himmel weiß bleichte, zog Tane mich wieder an, und der Gedanke, mich zu schämen, wie ich so im dünnen Unterhemd, zitternd und nass, vor ihm stand, kam mir erst gar nicht. Lucys Stiefel waren nicht mehr zu gebrauchen, und Tane zog sie mir vorsichtig von den Füßen, bevor er die Schnürsenkel verknotete und sich die Stiefel über die Schulter schwang.

»Wohin gehen wir?«, fragte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Katzenmiauen.



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